"Lass Dir wohlgefallen die Rede meines Mundes und das Gespräch meines Herzens vor Dir, Herr, mein Hort und mein Erlöser."

Aus der Liturgie der Vesper,
Neuendettelsauer Psalter
(Psalm 19, 15)

Die Vesper - das Abendgebet

Unser Gründer Wilhelm Löhe führte die Tageszeitengottesdienste in Neuendettelsau ein, und sein Nachfolger Friedrich Meyer gestaltete sie liturgisch und musikalisch aus. Durch die Tageszeitengottesdienste stehen die Neuendettelsauer Diakonissen und Sankt Laurentius-Gemeinde in der monastischen Tradition, die sie mit der römisch-katholischen, orthodoxen und anglikanischen Kirche und mit vielen evangelischen Kommunitäten verbindet.

Mit der Vesper legen wir unser Tagewerk aus der Hand.
Die Bereitung beginnt mit den Worten: „Der Herr ist in seinem heiligen Tempel. Es sei stille vor ihm alle Welt.“: Wir wissen, dass wir eine Einladung und Zeit brauchen, um von der Geschäftigkeit des Alltags wieder „herunter zu fahren“. Dann werden wir uns der Dinge bewusst, bei denen wir heute nicht richtig gehandelt haben. Wir legen sie im allgemeinen Schuldbekenntnis Gott vor die Füße.
Nun bitten wir im Ingressus (Eingang) Gott um Gehör und Seine Hilfe.
Es folgt das im Wechsel gesungene Psalmgebet. Bereits Jesus betete diese Psalmen. Durch die an insgesamt drei Stellen gesungene Antiphone (Leitvers) erhält der Psalm seine besondere Prägung im Zusammenhang des Kirchenjahres.
Nun wird ein Abschnitt aus der Bibel gelesen und von der Gemeinde in liturgischer Form mit dem Responsorium beantwortet.
Ein Gemeindelied schließt sich an.
Sonntags folgt darauf – außer in der Passionszeit – das „Magnificat“, der Lobgesang, mit dem Maria vor der Geburt des Gottessohnes das Handeln Gottes preist, dessen Maßstäbe so anders sind als unsere (Lukas 2).
Die Fürbitte nach dem Vaterunser nimmt in der Vesper einen besonders breiten Raum ein. Häufig geschieht sie in der Form der „Preces“, eines Fürbittgebetes, das Liturg und Gemeinde im Wechsel sprechen oder singen.
Nach einer Gebetsstille, die jedem Raum gibt, seine eigenen Anliegen vor Gott auszubreiten, und dem Abendgebet gehen wir mit Gottes Segen auseinander.

Wir erleben: Das liturgische Gebet gibt der Seele Raum zum Durchatmen und weitet die Seele.
Von Löhes Erneuerung der Liturgie aus haben die Neuendettelsauer Tageszeitengottesdienste ihren Weg in viele evangelische Gesangbücher weltweit gefunden.